„Lass die Schatten der Schulzeit hinter dir …
… Wie sich dein Leben verbessert, wenn du dein Schultrauma erkennst und loslässt“ – unter diesem Titel ist kürzlich das neue Buch der Autorin Mira C. Mühlenhof erschienen. Nach ihrer Aussage „haben 40 bis 50 Prozent aller Themen, die Klientinnen und Klienten zu einem Coaching bewegen, ihren Ursprung in einem Schultrauma“. Diese sind zum Beispiel durch Mobbing oder Demütigungen von Schüler*innen und / oder Lehrer*innen entstanden. Aber auch Noten- oder Erfolgsdruck seitens der Familie tragen dazu bei, dass Kinder und Jugendliche unter psychischen und auch körperlichen Belastungen leiden. Die Spätfolgen sind häufig ziemlich gravierend: sie zeigen sich dann meist in Lampenfieber, Panikattacken oder Blackouts in Prüfungen, ebenso in Versagensängsten, fehlendem Selbstvertrauen sowie in der Angst vor einer Gruppe zu stehen. Und je nachdem wie massiv die Probleme in der Schulzeit waren, desto mehr haben sich so genannte Triggerpunkte ausgebildet und meist unbewusst in uns manifestiert. Das bedeutet: Findet man sich in einer ähnlichen Situation wie damals in der Schule wieder, läuten sozusagen die inneren Alarmglocken und reaktivieren auch noch Jahre danach alte und unangenehme Gefühle. Das heißt, diese alten „Geschichten“ können uns ein Leben lang begleiten und beeinflussen. Wie zum Beispiel bei Thomas (46 Jahre alt). Als Vorstandsmitglied einer großen Versicherung hat er noch heute mit Panikattacken und Schweißausbrüchen zu kämpfen, wenn er vor vielen Menschen etwas präsentieren muss. In der Schule war er nicht besonders gut in Mathe. Aber anstatt Unterstützung bekam er nur Hohn und Spott, selbst vom Lehrer. Er hasste es, bei der Übung „Rechenkönig“ mitmachen zu müssen. Dabei wurde eine Kopfrechnen-Aufgabe gestellt und wer die Antwort wusste, durfte sich hinsetzen. Thomas war dabei immer der letzte, der noch stand. Somit hat sein System abgespeichert: „Wenn alle sitzen und ich stehe, bin ich der Depp.“ Dieses Schultrauma hat ihn so lange begleitet, bis es mit Hilfe eines Coachings gelöst werden konnte.
Unerlöste Schultraumata sind weit verbreitet und begleiten uns ein Leben lang
Es gibt sicherlich eine Menge solcher Geschichten zu erzählen. Auch die Autorin selbst hat ein Schultrauma – obwohl sie dachte, dies sei längst erledigt. Aufgrund einer Reaktivierung dieses Traumas – weil sie als Lehrkraft eine neue berufliche Richtung einschlagen wollte – entstand im letzten Jahr die Idee für dieses aufklärende und sehr ehrliche Buch. Durch das Wiedererleben der eigenen Kindheitsgeschichte war für die Sozialpädagogin schnell klar, dass dieses Thema unbedingt nach Lösungen verlangt. Vor allem auch, weil es zu diesem Thema tatsächlich noch sehr wenig zu lesen gibt. Mira Mühlenhof wird so auch sehr deutlich: „Die Erfahrungen aus der Schulzeit begleiten uns ein Leben lang, weil sie unweigerlich mit starken Gefühlen einhergehen“. Mit einem ihrer Interviewpartner im Buch, Dr. med. Hubertus Blümel, Facharzt für Allgemeinmedizin, Psychotherapie und Psychoanalyse geht sie sogar noch einen Schritt weiter. Dazu ein Auszug aus dem Buch: „Herr Dr. Blümel, in den Gesprächen, die ich für dieses Buch geführt habe, war häufig die Rede von körperlichen Symptomen, die immer dann aufgetaucht sind, wenn Kinder im Kontext von Schule traumatische Erfahrungen gemacht haben. Ich selbst kann mich gut an meine eigenen „dubiosen Bauchschmerzen“ erinnern, die damals sofort verschwunden waren, wenn ich zu Hause bleiben durfte. Wie ordnen Sie als Arzt diese Symptome ein?
Dr. Blümel: Für mich ist es offensichtlich und ganz normal, dass sich Spannungen im Schulumfeld auch körperlich manifestieren. Aus meiner Erfahrung gibt es die sogenannten „Bauchweh-Kinder“; dieses Phänomen ist bei Kindern in der Tat ein sehr häufiges, ich würde sogar bei aller Vorsicht sagen, dass es weiter zunimmt“.
Ein Schultrauma kann also weit über eine bloße gefühlsmäßige Reaktion hinausgehen und sich im Körper manifestieren – und das ein Leben lang.
Erkenntnis ist der erste Schritt
Mit ihrem Buch möchte die Autorin neben reiner Aufklärung auch für das Thema sensibilisieren, das Bewusstsein für eigene Altlasten aus der Schulzeit schärfen und Erkenntnisprozesse anstoßen, damit die Leserinnen und Leser
- Rückschlüsse auf das eigene Handeln ziehen können
- die Ursachen für belastende Gefühle und innere Blockaden erkennen und damit umgehen lernen
- verstehen, wie sich Schultraumata reduzieren oder gar vermeiden lassen
Darüber hinaus gibt sie wertvolle Tipps und formuliert aktive Lösungsansätze. Sie zeigt auf, wie sich Lampenfieber, Auftritts- und Prüfungsangst und weitere körperliche Stresssymptome reduzieren lassen. Besonders anschaulich sind die Beispiele von Menschen, die selbst mit derartigen Themen zu kämpfen haben. Diese Geschichten (reale Coachingfälle) zeigen, wie vielfältig das Erleben, die Erfahrungen und die Auswirkungen von Schultraumata sein können.
Das Fazit der Autorin: Schultraumata lassen sich vielleicht nicht immer gänzlich verhindern, aber wenn man die Ursachen und die Auswirkungen versteht, kann man im Alltag leichter mit den Symptomen umgehen.
Somit finden sich am Ende des Buches auch 5 Thesen, wie sich nach Einschätzung der Autorin Schultraumata reduzieren lassen – Anreiz genug, doch mal in dieses neue wegweisende Buch hineinzuschnuppern!
Zum Buch
„Lass die Schatten der Schulzeit hinter dir“, mvg Verlag, München, ISBN-10: 3658183063 / ISBN Print: 978-3-7474-0343-3, ISBN E-Book 978-3-96121-713-7, erschienen am 20.02.2022
Zur Autorin
Mira Christine Mühlenhof ist Sozialpsychologin, Coachin, Universitätsdozentin und Expertin für intrinsische Motivation. Mit ihrer Key to see®-Methode fördert sie die emotionale Kompetenz von Führungskräften, in Teams weckt sie die Bereitschaft zur Empathie und auch als Rednerin spricht sie über ihr Herzensthema: gelingende Beziehungen. Sie berät Konzerne wie die Deutsche Bahn ebenso wie KMU´s und Privatpersonen.
Als Autorin und Kolumnistin beleuchtet Mühlenhof aktuelles Zeitgeschehen aus einem überraschenden Blickwinkel und publiziert regelmäßig zu Themen wie Führung, Persönlichkeitsentwicklung und Motivation.