Da die Lehrpläne immer voller und die zeitlichen Kapazitäten immer geringer werden, besteht nun häufig der Bedarf nach zusätzlichen Angeboten zur Vertiefung des Schulstoffs. Was beispielsweise das Erlernen von Instrumenten für den Musik- oder körperliche Aktivitäten im Verein für den Sportunterricht sind, ist der Kindergottesdienst für den Religionskurs. Dieses Angebot existiert bereits seit 1852 und bietet Programme für verschiedene Altersklassen in der evangelischen und katholischen Kirche an. Im Zentrum stehen dabei meist Themen mit religiösem Bezug, die den Kindern und Jugendlichen spielerisch nähergebracht werden. Die Veranstaltungen können von Gemeinde zu Gemeinde unterschiedlich strukturiert sein. Beispielsweise kann der Kindergottesdienst während des sonntäglichen Hauptgottesdienstes oder separat in regelmäßigen Abständen stattfinden. Hierbei können je nach Altersklassen verschiedene oder jahrgangsübergreifende Aktionen angeboten werden.
Die teilnehmenden Kinder und Jugendlichen müssen in der Regel weder getauft noch evangelisch oder katholisch erzogen worden sein. Vielmehr geht es um ein Gefühl des Miteinanders, das Verständnis wichtiger menschlicher Werte und den Spaß am gemeinsamen Lernen. Neben Geschichten aus der Bibel stehen auch wichtige Feste des Kirchenjahres im Fokus, deren Bedeutung auf kindgerechte Weise aufgearbeitet wird. Es wird gesungen, gebastelt, gespielt, gebetet oder das Abendmahl gefeiert.
Ein besonderes Highlight ist die Kinderbibelwoche, die viele Kirchengemeinden einmal im Jahr anbieten. Dabei wird ein umfangreiches Thema über mehrere Tage mit den Kindern bearbeitet, meist gibt es dazu auch ein begleitendes Theaterstück und einen großen Abschlussgottesdienst mit den erwachsenen Gemeindemitgliedern. Die Themen legt jedes Kindergottesdienstvorbereitungsteam selbst fest. Hierfür gibt es diverse Arbeitsmaterialien und -vorschläge vom Gesamtverband für Kindergottesdienst in der Evangelischen bzw. Katholischen Kirche Deutschland. Die einzige Ausnahme ist der Weltgebetstag der Frauen, der immer im März stattfindet. Das Fest wird international gefeiert und stellt jedes Jahr das Leben von Christen[1] in einer zuvor festgelegten Nation vor. Dafür können Gäste aus dem entsprechenden Land eingeladen, traditionelle Gerichte probiert oder andere zum Thema passende Programme besucht werden. Auch im Kindergottesdienst wird der Weltgebetstag der Frauen gefeiert und das Gastgeberland vorgestellt. Dieses steht bereits einige Jahre im Voraus fest und kann bei Interesse beispielsweise im Internet recherchiert werden.
Insgesamt ist der Kindergottesdienst eine gute Ergänzung oder auch Vorbereitung auf den Religionsunterricht. Bei guter Planung und Durchführung kann durchaus Interesse bei den Kindern und Jugendlichen geweckt und die Auseinandersetzung mit den behandelten Themen in der Freizeit fortgesetzt werden. Ziel des Kindergottesdienstes ist es jedoch nicht, die Teilnehmer zu kleinen Religionswissenschaftlern oder Bibelexeperten zu machen, im Zentrum steht stattdessen die Interaktion und das Erleben einer Gemeinschaft. Dies gilt für die Teilnehmer, aber auch für das gesamte Planungsteam. Hier kann jeder seine Fähigkeiten einbringen und so das Programm individuell bereichern. Geleitet wird die Gruppe meist von einem Pastor bzw. einem Priester oder einer anderen zuständigen Person. Weitere Mitglieder sind Freiwillige, (meist) Mitglieder der entsprechenden Kirchengemeinde. Für diese werden regelmäßige Fortbildungen und andere Veranstaltungen angeboten, um sich auch mit anderen Teams auszutauschen. Teilweise können auch die Teilnehmer die Events besuchen. Interessenten sind im Kindergottesdienst grundsätzlich immer willkommen. So kommen am Ende nicht nur Kinder und Jugendliche, sondern möglicherweise auch (angehende) Religionslehrer auf ihre Kosten.
[1] Anmerkung: Zur einfacheren Lesbarkeit wird hier das männliche Geschlecht verwendet. Es sind jedoch stets alle möglichen Geschlechter gemeint.