
In den meisten Bundesländern ist es kaum noch möglich, auf sogenannte Quereinsteiger und Quereinsteigerinnen an den Schulen zu verzichten. Der Lehrermangel ist so groß, dass ohne diese einstige Notlösung kaum ein regulärer Unterricht möglich ist. Deshalb wird der Quereinstieg auch schon lange nicht mehr als „Notlösung“ bezeichnet. Er ist vielmehr zum Normalfall geworden und wird auch in Zukunft in den Lehrerzimmern ein wichtiges Thema sein.
Die Qualitätsstandards und Richtlinien sind unterschiedlich
Egal ob Lehrer oder Schüler – viele stellen fest, dass der neue Lehrer im Quereinstieg oftmals völlig andere Voraussetzungen mit sich bringt, als das beim klassischen Lehrer der Fall ist.
Hinzu kommt, dass die Bedingungen von Bundesland zu Bundesland völlig unterschiedlich sind. Es gibt kaum Qualitätsstandards, die bundesweit gelten. Und so ist der Quereinstieg oder Seiteneinstieg auch für die neuen Lehrer immer ein Wagnis. Denn sie können selbst nicht genau einschätzen, ob ihre Fähigkeiten überhaupt am Wunschort gewünscht oder benötigt werden. Zwar wird ein Studium im entsprechenden Fach als Qualifizierung vorausgesetzt. Allerdings gibt es hier auch große Unterschiede bei der Auslegung, wann ein Studienfach auch zu einem Unterrichtsfach passt.
Wie kommen Quereinsteigende in den Lehrerberuf?
Der Lehrermangel ist einer der Gründe, warum unser Bildungssystem zwingend auf den Prüfstand gehört. Es gibt aktuell, aber auch langfristig betrachtet zu wenig Hochschulabsolventen, die auf Lehramt studieren.
Bis zum Jahr 2035 fehlen mindestens 24.000 Lehrkräfte. Hinzu kommt noch der Bedarf, der für den Ganztagsausbau der Schulen zusätzlich benötigt wird. Wenn man das richtig hochrechnet und einmal prüft, wie viele Fachkräfte durch den Ganztagsausbau, durch Zuwanderung und durch die Inklusion benötigt werden, sind es fast 160.000 Lehrer, die bis 2035 fehlen werden. Kein Wunder, dass der Quereinstieg so forciert wird.
Um in den Bundesländern als Quereinsteiger oder Quereinsteigerin ins Lehramt zu kommen, müssen in der Regel zwei Studienfächer nachgewiesen werden können, die für das Lehramt relevant sind. Allerdings bedeutet das nicht, dass diese zwei Studienfächer mit einem Lehramtsstudium gleichzusetzen sind. Denn die Pädagogik fehlt. Ein wichtiger Baustein, den die Schüler relativ schnell zu spüren bekommen.
Besonders in den Mangelfächern – das sind hauptsächlich die MINT-Fächer – wird der Fachkräftemangel immer größer. Auch wenn es hier Unterschiede von Bundesland zu Bundesland gibt. Denn auch Fächer wie Musik oder Kunst sind von Lehrermangel betroffen.
Da die Pädagogik fehlt, werden die Quereinsteiger und Quereinsteigerinnen je nach Bundesland vor ihrem Schuleinsatz in mehrtägigen oder mehrwöchigen Einführungskursen auf den Schulalltag vorbereitet. Hinzu kommt eine berufsbegleitende Weiterbildung, die unter anderem ein Mentoring innerhalb der Schulen umfasst. Auch ein berufsbegleitendes Referendariat gibt es in einigen Bundesländern.
Wann ist der Quereinstieg abgeschlossen?
Auch hier gibt es kaum einheitliche Regelungen bei den Bundesländern. Die Vorbereitungskurse sind meist sehr kurz und nur wenige Wochen lang. Oftmals wird das Referendariat direkt als Schuleinstieg genutzt. Und das liegt zwischen 12 und 24 Monaten. Je nach Bundesland.
Außerdem gibt es inzwischen einige Universitäten, die Masterstudiengänge für Quereinsteiger anbieten. Aber auch hier werden die Herausforderungen des Lehrerberufs nur in Form einer „Schnellbesohlung“ an den Mann oder die Frau gebracht.
Was verdient ein Lehrer nach einem Quereinstieg?
Wenn das Referendariat abgeschlossen ist, verdient der Quereinsteiger oder die Quereinsteigerin dasselbe Geld wie eine ausgebildete Lehrkraft. Wer jedoch als Seiteneinsteiger kommt, erfüllt einige Voraussetzungen nicht. Deshalb werden diese Verträge oftmals nur befristet und Seiteneinsteiger unter anderem als Vertretungskräfte eingesetzt.
In welchem Bundesland gibt es die meisten Quereinsteiger und Quereinsteigerinnen?
Besonders in den ostdeutschen Bundesländern wird viel mit Quereinstieg gearbeitet. Alleine in der Hauptstadt Berlin sind es 60% der Neueinstellungen.
In Sachsen-Anhalt wird sogar mit Agenturen gearbeitet, die ganz gezielt nach neuen Lehrkräften suchen. Auch im Ausland.
In den westdeutschen Bundesländern wird der Quereinstieg noch in einem geringeren Umfang benötigt. Aber auch hier zeichnet sich ab, dass dies in den nächsten Jahren bald anders aussehen wird.
Sind Quereinsteiger für Schüler besser oder schlechter geeignet?
Sicherlich ist es so, dass Quereinsteiger frischen Wind in so manche Schule bringen. Und das ist auch gut so und sehr wichtig. Sie kommen aus der Wirtschaft, haben einen völlig anderen Blick auf die Dinge, die Schüler nach ihrem Schulabschluss wirklich benötigen und sind in diesen verkrusteten und alten Schulstrukturen nicht gefangen. Deshalb empfinden viele Schüler einen Quereinsteiger oder eine Quereinsteigerin besonders am Anfang als sehr angenehm.
Es ist ein anderes Lernen, ein anderes Arbeiten und eine andere Wissensvermittlung. Denn der Quereinsteiger hat oft einen anderen Ansatz, das Wissen zu vermitteln. Er bezieht seine Informationen aus seinem Studium, dass gegebenenfalls völlig anders aufgebaut war als ähnliche Fächer beim Lehramtsstudium.
Allerdings darf auch nicht vergessen werden, dass der pädagogische Ansatz beim Quereinsteiger nur bedingt gegeben ist. Was für die Schüler zu Beginn als angenehm eingestuft wird, kann sich hinten raus auch als kleines Problem entwickeln. Denn wo die Pädagogik fehlt, können schon winzige Dinge, die übersehen werden, sich nach und nach zu einem Problem aufbauen. Deshalb ist es sehr wichtig, dass die neuen Lehrer tatsächlich auch von alten Lehrern begleitet werden, das Hospitationen stattfinden, das Unterstützung bei der Unterrichtsvorbereitung gegeben wird und das vor allen Dingen die Weiterbildung im Bereich der Pädagogik stattfindet.
Wenn das gelingt, können auch langfristig betrachtet Quereinsteiger und Quereinsteigerinnen eine tolle Ergänzung an jeder Schule sein. Denn sie haben anders als die meisten anderen Lehrer schon einmal die Schule verlassen.
Wer auf Lehramt studiert, kommt oftmals gar nicht aus der Schule raus. Er ist erst selbst als Schüler in der Schule, studiert dann und wechselt wieder in den Schulbetrieb. Nur halt als Lehrer und nicht mehr als Schüler.
Quereinsteiger und Quereinsteigerinnen haben oftmals in der Wirtschaft gearbeitet. Sie kennen die andere Seite und wissen, was ein Absolvent einer Schule benötigt, um im Berufsleben mithalten zu können. Und das ist eine Sichtweise, die vielen Lehrern fehlt und die leider im aktuellen Unterrichtsstoff kaum aufgegriffen wird. Daher sind Quereinsteiger eine tolle Bereicherung, die neuen Schwung bringen und die das Thema Schule im besten Fall revolutionieren und dafür sorgen, dass neue Impulse gesetzt werden.