
Allerorten hört man, dass bei weitem nicht genügend Lehrpersonal zur Verfügung steht. Dass Corona eine Offenbarung war und es bei weitem nicht genügend Lehrpersonal gäbe, um solche zusätzlichen Bedarfe abzudecken, ist die Meinung der Eltern. Demgegenüber sagen Bildungsexperten, dass es durchaus einen hohen Bedarf an Lehrkräften gibt. Aber teilweise fehlt ein schlüssiges Bildungskonzept, denn viele Bundesländer haben unterschiedliche Bewertungskriterien bei der Zahl der zu vergebenden Stellen und definieren „Lehrermangel“ sehr unterschiedlich.
Frage: Gibt es einen bundesweiten Lehrermangel und was sind die Gründe?
Auf den bundesweiten Blickwinkel bezogen lautet die Antwort schlicht und ergreifend: Ja! Selbst wenn man die besten Maßstäbe ansetzt und sehr großzügig wertet, wird schnell der eklatante Mangel an Nachwuchspersonal offenbart. Die Hintergründe sind vielfältig. Viele Lehrer, sofern nicht verbeamtet, schmeißen ihren Job frustriert hin. Zu groß ist die Belastung, zu minimal die Unterstützung durch die Politik und viel zu groß die Klassen. Das ist nur ein Auszug der derzeit vorgebrachten Beschwerden. Da fließen Faktoren wie Bezahlung, sowie Überstundenvergütung noch gar nicht mit ein. In allen Bundesländern werden Lehrkräfte in allen, oder in bestimmten Bereichen gesucht. Das Problem ist nur, dass es für junge Menschen nicht gerade attraktiv ist den Beruf zu ergreifen. Quereinsteiger denken höchstens daran, dass man als Lehrer wenigstens geregelte Arbeitszeiten und als Beamter noch hochwertige Altersbezüge, sowie allerlei direkte und indirekte Vergütungen genießt. Den Schülern etwas vermitteln wollen natürlich alle angehende Lehrkräfte, aber zu behaupten, die finanziellen Aspekte würden bei der Berufswahl keine Rolle spielen, wäre eindeutig eine Fehleinschätzung.
Gerade die „unattraktiven“ Bildungsbereiche sind betroffen
Gerade für junge Studienanfänger, die durchaus ein Interesse am Lehrberuf haben, sind die Zukunftsperspektiven von einem besonderen Interesse. Das gilt natürlich auch für Quereinsteiger in den Lehrberuf. Hier kristallisiert sich immer stärker das finanzielle Ungleichgewicht bei der Bewertung der einzelnen Lehrberufe in einem Bezug zu der Schulart aus. Jeder will Gymnasiallehrer, oder Lehrer an einer höheren Fachschule werden. Die wenigsten Einsteiger wollen aber in die „niederen“ Ebenen, also Grundschule, Hauptschule oder Realschule einsteigen. Hier gibt es für eine ähnliche Leistung und den gleichen Arbeitsaufwand deutlich weniger Geld. Da überlegen sich die Studenten und Quereinsteiger natürlich zweimal, ob das wirklich eine berufliche Perspektive darstellt. Der Rattenschwanz an Problemen, der hieraus entstehen wird, ist signifikant. Schon jetzt schneidet Deutschland in gängigen Tests immer schlechter ab und deutsche Schüler haben sogar Probleme bei den grundsätzlichen Qualifikationen. Wer die Grundlagen nicht beherrscht, der wird sich auch nicht höherwertig weiterbilden können. Was man folglich an der grundsätzlichen Ausbildung einspart, wirkt sich negativ auf die Zukunft einer ganzen Schülergeneration aus.
Auch Quereinsteiger sind keine dauerhafte Lösung
Natürlich ist es wichtig, dass auch Quereinsteiger einen direkten Zugang zum Lehrberuf erhalten. Durch ihre fachlichen Kompetenzen, sowie durch ihre lebenspraktischen Erfahrungen sind sie gerade auf den höheren Bildungsebenen sehr gerne gesehen und oft bei Schülern deutlich mehr beliebt, als das bisherige Lehrpersonal. Sie können einfach mit Erfahrung punkten, die die normale Lehrerausbildung nicht bieten kann. Der Vorteil hat aber auch einen signifikanten Nachteil. Nicht in allen Bereichen können pädagogische Defizite durch Erfahrung ausgeglichen werden. Hier braucht es langjährige Ausbildungen, sowie viel berufliche Erfahrungen, um Erfolge feiern zu können. Das beliebte politische Bild des Quereinsteigers als Allheilmittel gegen den Mangel an Lehrern ist somit eher eine Chimäre und entspricht nicht der Realität. Es steht vielmehr die Frage im Raum, ob Quereinsteiger überhaupt an bestimmten Bildungseinrichtungen zugelassen werden können. In der Sonderpädagogik, oder aber an Brennpunktschulen verfügen diese Einsteigerfachkräfte häufig nicht über die notwendigen Qualifikationen und scheitern an ihrem Lehrauftrag. Damit ist weder den Schülern gedient, noch den Lehrern.
Das Problem liegt in den Finanzen und dem Föderalismus
Es gibt in Deutschland keine einheitliche Lehrerausbildung. Der Föderalismus ist die Hauptursache für die gesamte Problematik. Wer als Lehrkraft anfängt und sich in Bremen ausbilden lässt, der wird in seinem Leben nicht mehr von Bremen wegkommen. Der Wechsel nach Bayern, oder in ein anderes Bundesland ist für Schüler einfacher, als für Lehrer. Das ist ein großes Problem und steigert die Attraktivität des Berufes nicht im Geringsten. Wenn man bedenkt, dass Bundesländer wie NRW lediglich 70 % des bundesweiten Durchschnitts für Bildung aufwenden, dann ergibt sich eine für den Bildungsstandort Deutschland sehr gefährliche Konstellation. Das merkt man nicht nur am Mangel an Lehrkräften, sondern auch an den Schulbauten. Das Vorzeigeland Bayern brüstet sich gerne mit seiner maroden Infrastruktur. Aber auch hier sind viele Schulen in einem baufälligen Schulstand und die berühmte, sowie berüchtigte Schultoilette ist leider im Alltag kein Scherz mehr. Mangelende digitale Kompetenzen, schlechte oder nicht vorhandene technische Ausrüstung und letztlich die Fehlstunden durch den Lehrermangel werden sich in naher Zukunft zu einem enormen Risiko für die Schüler, für die Wirtschaft und für die Gesellschaft aufbauen. Dieses Problem zu lösen, wird mehr als eine Generation beanspruchen. Denn klar ist: Lehrer wachsen nicht einfach auf Bäumen, sondern brauchen eine hochwertige Ausbildung und eine gerechte Bezahlung, sowie das richtige Rüstzeug.