Die Erkenntnis, dass Spielen eine entwicklungsfördernde Tätigkeit für Kinder darstellt, hat schon lange Einzug in die Pädagogik gehalten. Spielerisches Erleben ist grundsätzlich zweckfrei und nicht leistungsorientiert. Die Erziehungswissenschaft trägt dem Rechnung, indem sie freies Spiel als wichtigen Faktor ansieht. Auch Rollenspiele werden als wertvoll angesehen.
Dem gegenüber kamen bis heute weitverbreitete Gesellschaftsspiele in erziehungswissenschaftlichen Diskursen kaum vor. Ein noch traurigeres Dasein fristeten digitale Spiele in den Überlegungen, ob sie es wert sind, in das Unterrichtsgeschehen einbezogen zu werden. Doch seit einigen Jahren entstehen immer mehr beispielhafte Versuche, die solche Möglichkeiten in der Praxis aufzeigen.
Games nicht länger zu ignorieren ist schon deshalb sinnvoll, weil Kinder und Jugendliche schon früh lernen, digitale Instrumente zu nutzen. Je älter sie werden, desto digitaler wird meistens ihr nicht-schulisches Leben. Deshalb besteht eine schulische Pflicht, die Erfahrungen und den Umgang mit digitalem Geschehen aufzugreifen. Das kann ein Unterricht mit (seit 150 Jahren) fast ausschließlich aus Papier bestehenden Materialien nicht mehr leisten. Der Umgang mit Computer-Spielen stellt die notwendige Ergänzung dar.
Motivation, Problemlösungen und Softskills
Games müssen selbstverständlich zu den vorgegebenen Lernzielen passen. Nicht die Inhalte sollen sich ändern, sondern eine innovative Methode soll hinzugefügt werden. Begünstigt wird der Einsatz dadurch, dass Games in aller Regel motivationssteigernd wirken. So erhalten auch die weniger wissbegierigen Schüler eine Chance, sich mit der geforderten Materie auseinanderzusetzen.
Im Gegensatz zum Buch spricht die virtuelle Welt mehrere Sinne an, sodass man viel intensiver in sie eintaucht als in eine Ansammlung von Wörtern. Für den Unterricht sind digitale Spiele sinnvoll, in denen es eine problembehaftete Situation oder Aufgabe gibt. Die Lösung ist das Ziel. Um es zu erreichen, müssen verschiedene Herausforderungen angegangen werden. Dabei sind nicht nur komplexe Denkvorgänge gefordert, sondern auch planvolle Vorgehensweisen. Den einfachen, geraden Weg gibt es nicht, und der zweite Schritt vor dem ersten wird nicht helfen. Die Games können Themenkreise behandeln und reflektieren, mit denen in der Wirklichkeit keine Experimente möglich sind.
Die Schüler versetzen sich mit Hilfe variabler Rollen in die subjektive Perspektive anderer und lernen so, eine Problematik aus verschiedenen Blickwinkeln zu erfassen. Auf diese Weise werden spielerisch nicht nur Fachkenntnisse, sondern auch Softskills wie Mitgefühl und Toleranz gefördert. Interaktive Spiele können in Gruppen durchgeführt werden, so dass Problemlösungsprozesse den Teamgeist fördern. Gleichzeitig bringt jeder Spielende seine eigenen Erfahrungen ein.
Aus- und Weiterbildung für Lehrer
Für das Durchführen von Games sind Voraussetzungen zu erfüllen. So müssen die technischen Möglichkeiten gegeben sein, von Tablets über geeignete PCs bis zu Spielkonsolen. Darüber hinaus müssen die Fachlehrer über die entsprechenden Kenntnisse und Fähigkeiten verfügen bzw. bereit sein, sich diese anzueignen. In der schulischen Praxis wird das Fortbildungen nötig machen.
Was die Hochschulen betrifft, so sollten sich alle Lehrer ausbildenden Institute stärker der Integration von digitalen Spielen in den Unterricht widmen. Dabei geht es nicht darum, Lernkonzepte komplett umzugestalten. Vielmehr sollen Studierende lernen, Games selbstverständlich in ihre Unterrichtsvorbereitungen einzubeziehen. Dazu müssen sie sich unter fachspezifischen und methodischen Gesichtspunkten mit ihnen beschäftigen. Grundsätzlich können Games genauso im Unterricht eingesetzt werden wie andere Materialien auch.