Dass es unumgänglich ist, mehr als bloß eine Sprache fließend zu beherrschen, ist in der globalisierten Welt einsichtig. Weniger Einstimmigkeit besteht hingegen bei der Frage nach der Gestaltung des Fremdsprachenunterrichts. Aus den vielen konkurrierenden Konzepten sticht eines besonders hervor: dasjenige des einsprachigen Unterrichts, bei dem die Ziel- zugleich die Unterrichtssprache ist.
Geschichte des Fremdsprachenunterrichts
Der Unterricht der modernen Fremdsprachen in Regelschulen setzte lange Zeit auf die sog. Grammatik-Übersetzungsmethode, die dem altsprachlichen Unterricht entnommen wurde. Der Fremdsprachenunterricht bestand weitgehend oder vollständig in der Vermittlung von Grammatik und der Übersetzung fremdsprachlicher Texte. Unterrichtssprache war dabei ausschließlich die Erstsprache. Die Schwierigkeiten für den Erwerb moderner Fremdsprachen liegen dabei auf der Hand: Sprachpraxis und Sprechfähigkeit werden völlig außer Acht gelassen. Dem steht eine meist sehr gute Durchdringung der Grammatik und ein meist sehr gutes Verständnis geschriebener Texte gegenüber.
Die Grammatik-Übersetzungsmethode, die heute nur noch im Unterricht der alten Sprachen angewendet wird, wurde im Laufe der Zeit von behavioristischen Ansätzen abgelöst. Unterrichtet wurde nun vielfach in sog. Sprachlaboren, in denen vorgegebene Sequenzen nachgesprochen werden mussten. Im Vordergrund stand ferner das Auswendiglernen von Vokabeln und andere Reproduktionsaufgaben. Gegenüber der Grammatik-Übersetzungsmethode weist der behavioristisch orientierte Unterricht den Vorteil auf, auch die gesprochene Sprache in den Blick zu nehmen. Kritisiert wird hier vor allem die starre Ausgestaltung des Unterrichts, die nicht auf die Lernenden mit ihren individuellen Stärken und Schwächen eingeht.
Weiterentwickelt wurde der Fremdsprachenunterricht im Zuge der sog. Kommunikativen Wende: Die Schüler:innen werden im kommunikativen Unterricht zum Sprechen ermutigt. Praxis steht hier an erster Stelle, Fehler werden akzeptiert. Ein solcher kommunikativ orientierter Unterricht bietet den Vorteil einer guten Vorbereitung auf lebensweltliche Sprechsituationen, kann jedoch zur Festigung von Fehlern führen.
Konstruktivistisch orientierter Fremdsprachenunterricht greift die Ideen der Kommunikativen Wende auf und entwickelt sie weiter: Die Lernenden stehen hier konsequent im Zentrum des Unterrichts und können weitgehend selbstbestimmt lernen. Der Unterricht ist weitgehend offen, handlungsorientiert und bietet den Schüler:innen durch Projekte und Freiarbeitsphasen die Möglichkeit, ihren Lernprozess inhaltlich wie formal selbst zu bestimmen.
Einsprachigkeit im Fremdsprachenunterricht
Mit der Hinwendung zu kommunikativen Formen des Unterrichts rückte die Erstsprache als Unterrichtssprache in den Hintergrund. Dieser Prozess hält bis heute an: Die Lernenden werden von Beginn an ermutigt, sich mit den ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln in der Fremdsprache auszudrücken. Mit der Konzentration auf die gesprochene Sprache und der Abwendung von grammatikalischer Korrektheit als oberstem Ziel wurde der einsprachig gestaltete Unterricht zunehmend attraktiver.
In seiner ausgeprägtesten Form, in der ausschließlich die zu erwerbende Fremdsprache verwendet wird, tritt der Theorie nach zu der unterrichtlichen Instruktion ein quasi-immersives Umfeld, welches den Lerneffekt verstärkt: Die Schüler:innen werden in ein fremdsprachliches Umfeld versetzt, in dem sie sich ohne Hilfestellungen in einer ihnen bekannten Sprache zurechtfinden müssen. Der Spracherwerb findet hier nicht forciert durch regulierte Einübung, sondern mehr oder minder nebenbei statt. Dass diese Methode Erfolg bringt, zeigen diverse Studien: In beinahe allen Vergleichsstudien schnitten Schüler:innen aus immersiv unterrichteten Klassen besser ab als Schüler:innen, die einen anderen Fremdsprachenunterricht besucht hatten – und das ohne Kompetenzverlust in der Erstsprache.
Probleme im einsprachigen Fremdsprachenunterricht
Dennoch scheuen sich viele Lehrer:innen, in ihrem Unterricht ausschließlich die Zielsprache zu verwenden. In den Niederlanden, in denen das Prinzip des einsprachigen Unterrichts deutlich intensiver beworben und angewandt wird als in Deutschland, gibt es bereits mehrere Untersuchungen, die sich den Ursachen dieses Umstands widmen. Zu den häufigsten Ursachen zählten die folgenden:
- Unsicherheit im Sprachgebrauch seitens der Lehrperson
- Höhergewichtung des Inhalts (Grammatik, Textinhalt etc.)
- Angst vor Verständnisschwierigkeiten
- negative Reaktionen der Schüler:innen
In der niederländischsprachigen Fachliteratur herrscht jedoch Einigkeit darüber, dass diesen Schwierigkeiten in der Unterrichtspraxis gut begegnet werden kann. Vorgeschlagen wird etwa, reine Grammatikerklärungen auszusondern und in der Erstsprache zu halten, während für den Rest des Unterrichts die Zielsprache als einzige gesprochene Sprache vorgegeben wird. Die Vermittlung für das Sprachverständnis wesentlicher Inhalte kann so ohne Verständnisschwierigkeiten gelingen; zugleich bleibt der Anteil der gesprochenen Fremdsprache groß.
Die Einschätzung der Schüler:innen gegenüber dem einsprachigen Fremdsprachenunterricht war in einer Erhebung aus dem Jahr 2013 unterdessen positiv: 65 Prozent der befragten Schüler:innen standen der Unterrichtsmethode vollumfänglich positiv gegenüber. Die restlichen 35 Prozent (außer einem:r Schüler:in) beurteilten sie grundsätzlich ebenfalls positiv, befürchteten jedoch Verständnis- und damit verbundene Lernschwierigkeiten.
Fazit
Abschließend lässt sich festhalten, dass einsprachiger Fremdsprachenunterricht trotz einiger Hürden aufgrund der starken Exposition gegenüber der zu erlernenden Sprache eine gute Möglichkeit darstellt, diese zu erlernen. Zahlreiche Untersuchungen untermauern die Effektivität eines solchen Unterrichts, der besonders auf alltagspraktische Situationen vorbereitet.
Quellen:
https://lt-tijdschriften.nl/ojs/index.php/ltm/article/download/342/335
https://lt-tijdschriften.nl/ojs/index.php/ltt/article/download/543/535
https://lt-tijdschriften.nl/ojs/index.php/ltm/article/download/301/294
https://www.pedocs.de/volltexte/2017/13641/pdf/BZL_2007_2_156_167.pdf
https://intrapsychisch.de/zweit-und-fremdspracherwerb-theorien-und-hintergruende/