Das Land der Pharaonen besitzt nicht nur eine ereignisreiche Geschichte, sondern bietet auch heute noch interessante kulturelle Facetten, die jährlich tausende Touristen[1] nach Nordafrika locken. Der allgemeine Alltag ist den meisten Menschen allerdings weniger bekannt. Hierzu zählen auch das ägyptische Schulsystem oder die Einstellung der Bevölkerung zur Schule insgesamt. Daher soll dieser Artikel einen Überblick über Schule und Bildung in Ägypten geben.
Schulbildung ist in Ägypten ein Grundrecht, weshalb zunächst jedes Kind einen Anspruch darauf besitzt. Eingeschult werden sie im Alter von 6 oder 7 Jahren, die Schulpflicht endet im Alter von 15 Jahren. Tatsächlich geht jedoch jedes 10. Kind in Ägypten in diesem Alter nicht zu Schule. Der Hauptgrund hierfür sind die anfallenden Kosten. Zwar ist der Schulbesuch kostenlos, allerdings sind viele Familien neben den Verdiensten der Eltern auf zusätzliche Einkünfte durch deren Kinder angewiesen. Dies gilt insbesondere für Familien bestehend aus einer alleinerziehenden Mutter und ihren Kindern. Aus diesem Grund können es sich einige Menschen nicht leisten, ihre Kinder zur Schule anstatt zur Arbeit zu schicken, wo sie Geld verdienen können. Auch für die Schuluniformen und Unterrichtsmaterialen können viele Eltern nicht aufkommen.
Die Grundschule absolviert in der Regel jedes ägyptische Kind. Diese endet mit der 6. Klasse. Darauf folgt die weiterführende Schule. Diese dauert 3 Jahre und wird bereits von vielen Jugendlichen nicht mehr besucht. Hierbei handelt es sich in erster Linie um Mädchen, da man davon ausgeht, dass die Jungen später ihre Familien als Hauptverdiener ernähren müssen und daher eine bessere Schulbildung benötigen. Die nächste Schulform dauert von der 10. bis zur 12. Klasse und qualifiziert die Schüler das ägyptische Abitur, genannt Thanawaya, welches zur Zulassung zu einem Studium an einer Hochschule vorausgesetzt wird. Außerdem werden hierfür möglichst gute Noten verlangt. Alternativ kann an einer privaten Universität studiert werden, was jedoch viel Geld kostet. Auch im Studium sollten die Zensuren hervorragend sein, da die Chancen, einen dem Bildungsgrad entsprechenden Arbeitsplatz zu erhalten, sehr gering sind.
Tatsächlich haben viele ägyptische Kinder große Probleme, dem Unterrichtsstoff zu folgen, weshalb sie eigentlich Nachhilfe benötigen. Diese kosten jedoch Geld, sodass einige Familien sie nicht in Anspruch nehmen können. Allgemein verdienen Lehrer in Ägypten sehr weniger. Das Gehalt ist im Land etwa mit dem eines Kellners zu vergleichen. Dementsprechend sind viele von ihnen demotiviert, was sich auch im Unterricht bemerkbar macht. Die Klassen sind stark überfüllt, wodurch es kaum möglich ist, sich mit einzelnen Kindern näher zu befassen und gegebenenfalls Hilfestellungen zu geben. Ein weiteres Problem sind die in Ägypten üblichen Schulbücher: Aufgaben werden meist direkt in den Büchern bearbeitet. Dadurch lassen sich die Materialien eigentlich nicht wiederverwenden. Da sich einige Familien die Anschaffung neuer Bücher für jedes Kind jedoch nicht leisten können, geschieht dies trotzdem. Den meisten Lehrern fällt aus den zuvor genannten Gründen nicht auf, dass Lösungen bereits im Vorfeld in die Schulbücher eingetragen wurden, was dazu führt, dass Bildungslücken der Schüler oft zu spät oder gar nicht bemerkt werden.
Das ägyptische Schulsystem zeigt vor allem allgemeine Probleme im Land auf, die dazu führen, dass Bildung nur offiziell eine Selbstverständlichkeit ist. Diese Komplikationen lassen sich nur schwer und über einen langen Zeitraum beheben, weshalb es abzuwarten gilt, was die Zukunft bringt.
[1] Anmerkung: Im folgenden Artikel wird ausschließlich das männliche Geschlecht verwendet. Diese steht in diesem Fall jedoch stellvertretend für sämtliche existierende Geschlechter, sodass niemand ausgeschlossen wird.