Die Forderung, Theaterbesuche als Pflichtveranstaltungen in die Lehrpläne der deutschen Schulen aufzunehmen, ist immer wieder in der Öffentlichkeit zu hören. Hierfür setzt sich unter anderem auch Volker Ludwig, der Gründer und Leiter des Berliner GRIPS-Theaters, ein. Heutzutage lernen viele Kinder das Theater, wenn überhaupt, nur durch die Schule kennen. Dabei ist das Theaterangebot auch für jüngere Zuschauer[1] in vielen Städten recht groß. Allerdings wird dieses vielerorts nicht entsprechend genutzt. Dies kann verschiedene Gründe haben, von denen einer sicherlich auch die Öffentlichkeitsarbeit der Theater sowie deren Förderung durch die Landesregierungen ist. Doch auch Eltern und Pädagogen können zu einer Änderung der momentanen Lage beitragen.
Zunächst einmal sei darauf hingewiesen, dass es sich bei Deutschland um das “Land der Dichter und Denker” handelt, wobei vor allem unsere Dramen immer wieder hervorgehoben werden. Denkt man einmal darüber nach, was in fast jeder deutschen Stadt, sei sie auch noch so klein, zu finden ist, fällt schnell auf, dass neben Kirchen und Rathäusern vor allem Theater die Stadtlandschaft prägen. Dadurch wird deutlich, welchen Stellenwert diese Kunstform hier einst besaß. Auch heute werden die meisten dieser Theater noch regelmäßig bespielt. Das Publikum ist jedoch ein anderes: Früher war das Theater eine absolute Attraktion, Menschen von jung bis alt, ob arm oder reich stürmten – wenn es die Gesetzte und Kapazitäten zuließen – die Theater. Mittlerweile sind jedoch vor allem die älteren Genrationen oder gutverdienende Akademiker in den Sälen zu finden. Die Menge an jungen Menschen ist überschaubar.
Der Grund hierfür ist tatsächlich sehr einfach: Theaterbesuche muss man lernen, am besten bereits im Kindesalter. Gefordert werden hier unter anderem eine besondere Form des Zusehens, Aufmerksamkeit und bestimmte Verhaltensregeln. Auch eine gewisse Frustrationstoleranz sollte vorhanden sein, dass viele Theaterstücke nicht direkt oder vielleicht sogar niemals komplett greifbar sind. All diese Dinge lernt man natürlich am besten in der Praxis. Hilfreich sind hierfür natürlich regelmäßige Theaterbesuche. Selbstverständlich ist dies für viele Menschen schon allein aus finanzieller Sicht nicht möglich. An dieser Stelle sollten sich die jeweiligen Landesregierungen in der Verantwortung sehen, Kunst für Kinder und Familien zugänglicher zu machen.
Sollte dies nicht geschehen, wird das Theater bestenfalls im Rahmen des Deutschunterrichts besucht. Hierfür sollte zuvor eine Einführung erfolgen. Tatsächlich werden viele Schüler mit zunehmendem Alter immer unsicherer, wenn man sie auf Theaterbesuche anspricht. Oft ist ein hohes Maß an Ehrfurcht zu erkennen. Den Schülern ist also bewusst, dass es sich hier um eine wichtige Kunstform und eine besondere Veranstaltung handelt. Da viele von ihnen aber ansonsten noch nicht wirklich damit in Berührung gekommen sind und bestimmte Verhaltensmuster dadurch einfach noch nicht zur Routine geworden sind, kann diese zur Angst vor Fehlern und der Abwendung vom Theater allgemein führen. Dementsprechend ist es wichtig, den Schülern wichtige Regeln mitzuteilen, Fragen zu beantworten und deutlich zu betonen, dass auch Theaterbesuche Lernprozesse sind und Fehler am Anfang dazugehören. Letztendlich schafft man so die Basis, um nicht nur das Theater am Leben zu erhalten, sondern begeistert möglicherweise auch jüngere Generationen für diese Kunstform, was dazu führen könnte, dass diese auch nach ihrer Schulzeit und später mit ihren Familien selbstbewusst und interessiert Theatervorstellungen besuchen.
[1] Anmerkung: Im folgenden Artikel wird zur einfacheren Lesbarkeit lediglich das männliche Geschlecht verwendet. Dieses steht in diesem Fall jedoch stellvertretend für sämtliche existierende Geschlechter, sodass niemand ausgeschlossen wird.