Das südkoreanische Schulsystem erreicht im internationalen Vergleich stets sehr hohe Platzierungen. Dementsprechend angesehen sind die südkoreanischen Schüler[1] auf dem Arbeitsmarkt. Doch diese Ergebnisse haben auch ihren Preis: Das Land besitzt eine der höchsten Suizidraten der Welt. Viel Pädagogen und Sozilogen machen das Bildungssystem für diese Zahlen verantwortlich. Es ist auch kein Geheimnis, dass es sich bei den südkoreanischen Schülern um die unzufriedensten der Welt handelt. Um diese Kritik zu verstehen, lohnt es sich, sich etwas näher mit dem koreanischen Schulalltag zu beschäftigen.
Im Grunde genommen beginnt die Schullaufbahn bereits mit 3 Jahren im Kindergarten. Schon hier folgen die Schüler einem vorgeschriebenen Lehrplan. Neben Lesen, Schreiben und Rechnen lernen viele südkoreanische Kinder oft schon Englisch oder das Spielen eines Musikinstruments. Auch Hausaufgaben sind den Kindergärten keine Seltenheit. Mit 6 Jahren geht es für die Kinder dann in die Grundschule. Diese dauert 6 Jahre. Spätestens hier müssen sie sich in den großen Klassen mit etwa 40 Schülern behaupten. Hier stehen zusätzlich zu Mathe, Koreanisch und Englisch auch Fächer wie Hygiene und Handwerk auf dem Stundenplan. Auf die Grundschule folgen 3 Jahre Mittelschule, danach endet die Schulpflicht. Auf Wunsch kann im Anschluss noch für drei Jahre die Oberschule absolviert werden, ehe es dann auf die Universität geht. Alternativ kann auch eine Berufsschule besucht werden. Der Regelfall ist jedoch ein Studium an einer Universität, da dieses als erfolgversprechender gilt und dementsprechend angesehener ist.
Ein typischer koreanischer Schultag kann bis zu 19 Stunden dauern. Die eigentliche Schule wird von vormittags bis etwa 16 Uhr besucht. Danach wird in privaten Bildungseinrichtungen, den sogenannten Hagwon, weitergelernt. Diese werden auch an den Wochenenden und inden Ferien besucht. Hierbei handelt es sich zwar um Nachhilfeunterricht, anders als in Deutschland wird dieser aber nicht nur von schwächeren, sondern vor allem von starken Schülern in Anspruch genommen. Der Grund dafür ist der Ehrgeiz, noch besser zu werden. Oft sind die Nachhilfeklassen kleiner, sodass die Lehrer hier besser auf die verschiedenen Bedürfnisse der Schüler eingehen können. Der Unterricht hier kann bis 23 Uhr andauern und kostet pro Monat rund 700 €, was für viele Familien immense Beträge sind. Auch danach lernen viele Schüler noch bis tief in die Nacht selbstständig oder mit einem Privatlehrer weiter. Diese eiserne Disziplin ist auch im späteren Berufsalltag sehr angesehen. Daher sind Südkoreaner auch auf dem internationalen Arbeitsmarkt sehr angesehen. Doch auch das Land selbst profitiert vom Bildungseifer: Die Wirtschaft boomt. Einheimischen Berufstätige sind nicht selten bis tief in die Nacht beschäftigt. Geschlafen wird nur sehr wenig. Der Leistungsdruck ist hoch, gute Noten reichen den meisten Schülern nicht aus, sie wollen die besten. Perfekte Ergebnisse in den Abschlussprüfungen sind notwendig, um an den besten Universitäten des Landes zugelassen zu werden. Die Konkurrenz ist hart.
Rückblickend trauern viele Schüler einer verlorenen Kindheit und Jugend nach. Durch das ständige Lernen bleibt oft keine Zeit für Hobbies oder Aktivitäten mit Freunden fernab der Hagwons. Außerdem klagen sie über Müdigkeit und Erschöpfung. Nicht wenige schlafen während des Unterrichts ein. Doch das Befinden der Schüler sind dem Erfolgsdruck untergeordnet. Wer mit dem Druck nicht zurechtkommt, hat nicht nur Probleme in der Schule, sondern auch in der Berufswelt. Das südkoreanische Bildungssystem lässt wenig Platz für Individualität, eigene Interessen und Hobbies. Insgesamt kann also festgehalten werden, dass eine typische Schullaufbahn in Korea zwar sehr erfolgversprechend ist, dieser Erfolg jedoch einen hohen Preis hat.
[1] Anmerkung: Im Folgenden wird zur einfacheren Lesbarkeit nur das männliche Geschlecht verwendet. Dies steht in diesem Zusammenhang stellvertretend für sämtliche existierende Geschlechter.