Nach dem zweiten Weltkrieg wurde Deutschland unter den Siegermächten aufgeteilt. Während der Westen unter den USA, Großbritannien und Frankreich aufgeteilt wurde, isolierte sich der von Russland geführte Osten komplett. So entstanden auf beiden Seiten völlig unterschiedliche politische Systeme, die sich selbstverständlich auch auf Leben der dort ansässigen Deutschen auswirkten. Daraus entstanden auch zwei völlig unterschiedliche Schulsysteme, wobei vor allem das der DDR einige Besonderheiten aufweist.
Anders als im Westen wurde das Schulwesen in der DDR dem Ministerium für Volksbildung unterstellt und streng zentralisiert. So lernte jeder Schüler[1] in der DDR das Gleiche, ganz egal, wo in der Republik er zur Schule ging. Ähnlich wie auch in den Jahren zuvor bestand die Grundausbildung zunächst aus einer achtjährigen Schulzeit, an die der Besuch einer weiterführenden Schule angeschlossen werden konnte. 1959 wurde die zehnjährige Schulpflicht eingeführt. Von nun an gingen alle Kinder zehn Jahre auf die Polytechnische Oberschule, die dich wiederum in drei Stufen gliederte, die Unter-, Mittel- und Oberstufe (1.-3. Klasse, 4.-6. Klasse und 7.-10. Klasse). Die Schüler der Unterstufe besuchten nach dem Unterricht einen Hort, wo sie betreut wurden, bis die Eltern von der Arbeit nach Hause kamen. An einigen Schulen gibt es den Hort immer noch, an anderen gibt es den Ganztag, der sehr ähnlich funktioniert. Mit der Einschulung wurden die Kinder außerdem bei den Jungpionieren, einer landesweit existierenden politischen Jugendorganisation, aufgenommen. Dort wurden verschiedenen Aktivitäten angeboten, um das Gemeinschaftsgefühl zu stärken und die Kinder mit den sozialistischen Idealen vertraut zu machen.
Auf die Polytechnische Oberschule folgte die Erweiterte Oberschule, auf der nach vier Jahren das Abitur gemacht werden konnte. Allerdings waren hier nur die besten 10 Prozent der Schüler zugelassen. Außerdem war eine gewisse Anzahl der Ausbildungsplätze für Mädchen, Arbeiterkinder oder Schüler mit bestimmten Berufswünschen, wie Lehrer oder Offizier, vorgesehen. Auch starkes politisches Engagement konnte Schülern einen Besuch der Erweiterten Oberschule ermöglichen. Der Wechsel von der Polytechnischen zur Erweiterten Oberschule erfolgte zunächst nach der 8., ab den 1980er Jahren dann nach der 10. Klasse.
Generell legte man in der DDR sehr viel Wert auf praxisbezogenen Unterricht, daher auch die Bezeichnung polytechnisch. Kinder wurden früh mit der Arbeitswelt vertraut gemacht und dazu angeregt, sich einen Berufswunsch zu überlegen. Hierzu fanden regelmäßig Berufsberatungen statt. Weiterhin besaßen Naturwissenschaften eine höhere Priorität als Sprachen. Auch Mädchen wurden dazu angeregt, sich für die Wissenschaft zu begeistern und technische Berufe zu ergreifen. Hierfür gab es zusätzlich das Fach Einführung in die sozialistische Produktion, in der Grundlagen der Elektronik, Informatik und Konstruktion vermittelt wurden. Im Fach Technisches Zeichnen lernte man die Anfertigung von Konstruktionszeichnungen. Besonders praktisch war der Unterricht in Produktive Arbeit. Im Rahmen dieses Faches besuchten die Schüler einmal pro Woche einen Betrieb und erhielten dort Aufgaben. Neben Deutsch wurde ab der 5. Klasse Russisch als Fremdsprache unterrichtet. Ab der 7. Klasse konnte eine weitere Fremdsprache, meist Englisch, Französisch oder Spanisch, gewählt werden. Diese war eine Voraussetzung für den späteren Besuch einer Erweiterten Oberschule. Außerdem sollten die Schüler früh lernen, ihren Teil zum Wohl der Gemeinschaft beizutragen. Darum erhielten sie Werkunterricht oder kümmerten sich um den Schulgarten. Des Weiteren erhielten Kinder ab der 7. Klasse Staatsbürger- und Wehrkundeunterricht. Ein besonders beliebtes Fach war Astronomie, das ab der 10. Klasse belegt wurde. Um den Schulabschluss zu erhalten, mussten vier schriftliche und bis zu fünf mündliche sowie eine Sportprüfung bestanden werden.
[1] Anmerkung: In diesem Artikel wird zur einfacheren Lesbarkeit lediglich das männliche Geschlecht verwendet. Dieses steht in diesem Fall stellvertretend für sämtliche existierende Geschlechter, sodass niemand ausgeschlossen wird.